14.03.20 – 17.03.20
Die erste Nacht im neuen Land von Mittelamerika war in unserem Zelt ruhig und erholsam. Unser nächstes Ziel war Las Cruzes. In diesem Städtchen steuerten wir die Bank an um endlich wieder etwas Geld in den Taschen zu haben und die Schulden bei Caches und Charlotte zurückzubezahlen! Das Bargeld der Beiden hatte gerade so bis in diese Stadt gereicht! Schwein gehabt! ? Das war irgendwie eine gute Erfahrung, ohne Bargeld unterwegs zu sein. Diese zusätzlich Einschränkung von unserem Konsum, der ja eigentlich schon seit Monaten bereits eingeschränkt ist, machte uns bewusst, wie wichtig das Essen und das Wasser für uns ist. Auch die Besuche von Attraktionen, für die wir ja ziemlich viel physischen Aufwand betreiben, machen unsere Reise so toll. Diese wollen wir nicht missen. Es wurde uns bewusst, was wir alles sehen und erleben dürfen. Wir haben das Glück, in einem solch reichen Land wie der Schweiz geboren zu sein und so die finanziellen Mittel für eine solche Reise zu haben. Auch das Gefühl von Abhängigkeit war ein ganz Neues. Wir hatten Dank der Hilfe von den Beiden in diesen Tagen immer genug Essen und Wasser. Einerseits verzichteten wir auf den Besuch der Fundstätte Bonampak, konnten aber auf der anderen Seite die Ruinen Yaxchilan trotzdem besuchen. Ihre unkomplizierte und hilfsbereite Art, mit uns das Geld zu teilen, machte es uns einfacher, diese Hilfe anzunehmen. Natürlich hätten wir bei umgekehrter Situation das Gleiche für sie gemacht.
In den vergangenen Monaten haben wir viele viele Getreideriegel gegessen. In Mexiko sowie auch in Guatemala wurde es immer schwieriger, nahrhafte Riegel zu finden. Auch der Abfall jedes einzelnen Getreideriegels ist etwas, das wir gerne reduzieren wollen. So versuchte sich Aurelia an selbst gemachten Getreideriegel. Die Zutaten zu finden war einfacher als gedacht. Wir haben Nüsse, Honig, Zucker, Dörrfrüchte, Haferflocken sowie Amarant in den kleinen Tiendas (Geschäfte) unverpackt kaufen können. Einzig die Margarine mussten wir in einer Verpackung kaufen. Die Zubereitung ohne Ofen stellte sich als gar nicht so schwierig heraus. Nur das Abmessen der einzelnen Zutaten war ohne Wage und Messbecher etwas herausfordernd. =) Geschmeckt haben sie schlussendlich trotzdem.
Cachis und Charlotte nahmen den Weg von Las Cruzes in den Norden unter die Räder. Wir jedoch planten den Besuch von Semuc Champey weiter südlich von Las Cruzes. Dies muss ein ziemlich schöner Ort sein. Viele Wasserbecken, die vom Fluss Cahabon gefüllt werden und für uns perfekt zum Baden sind. Der Weg dahin muss aber sehr anstrengend sein, denn auf Mapsme zeigte es uns einen steilen Anstieg auf einer Naturstrasse an.
In Sayaxché führte die Strasse über einen Fluss. Doch eine Brücke war weit und breit nicht zu sehen. Dafür aber Fähren, die mit kleinen Motoren angetrieben wurden sowie kleine Boote für Fussgänger und Motorbikes. Die Überraschung dabei war der kostenlose Transport für Fussgänger und Fahrradfahrer! =)
Auf halbem Weg erreichten uns weitere eher schlechte Nachrichten. Die Regierung Guatemalas hat alle Schulen, touristischen Einrichtungen sowie alle Nationalparks geschlossen. Somit konnten wir uns den Besuch von Semuc Champey abschminken. Die Berge konnten wir schon sehen. Doch wir steuerten den direkten Weg zum See an und somit an den Bergen vorbei. Im kleinen Dorf Chisec machten wir Halt. Auf dem Weg zu diesem Dorf bemerkten wir veränderte Reaktionen auf uns vorbeifahrenden Touristen. In kleinen Dörfern hielten einige Frauen sich selber und ihren Kindern die Hand vor den Mund als sie uns erblickten. Für uns war das eine völlig neue Erfahrung. Viele Menschen in dieser Region sprechen eine indigene Sprache der Maya und Spanisch ist dabei ihre zweite Sprache. Wir nehmen an, dass sie all die Informationen über den Virus sowie die Vorsichtsmassnahmen nur ansatzweise verstehen. Viel mehr Gedanken haben wir uns dann aber nicht mehr gemacht. Nur das merkwürdige Gefühl liess nicht nach.
In Chisec durften wir neben dem Restaurant/Hotel Casa Vieja kostenlos unser Zelt aufstellen. Ein ruhiger und schöner Ort, indem wir uns und unser Zelt mit einem Gartenschlauch waschen konnten. Das war eine sehr willkommene Abkühlung bei diesen heissen Temperaturen.
Auch deren Internetzugang durften wir benutzen. An diesem Abend erreichten uns ziemlich viele Nachrichten, unter anderem das der Bundesrat alle Schweizer im Ausland aufruft sofort in die Schweiz zurück zu kehren. So informierten wir uns über haben uns erreicht und wir informierten uns über die aktuelle Situation des Virus im Lande und der Schweiz. Wir setzten uns auch mit Cachis und Charlotte in Kontakt. Auch Charlotte hatte in Flores eine eher negative Begegnung mit einer guatemaltekischen Frau machen müssen. Es ging bei uns drunter und drüber, emotional sowie auch mit unseren Plänen.
Da einen kühlen Kopf zu behalten, Ordnung in all die erhaltenen Informationen zu bringen und gar noch eine Entscheidung für den nächsten Tag zu fällen, war alles andere als einfach.
Eine Nacht darüber schlafen, hat uns geholfen. Wir waren uns einig, dass wir nicht mehr mit dem Fahrrad weiterreisen wollten. Die Reaktionen der Leute waren verändert und zu unberechenbar. Wie wir später erfuhren, ist gerade die Gegend hier in und um Chisec eine eher heikle. So mussten wir eine Privatperson finden, die uns und unsere Fahrräder transportieren konnte. Und wo hin? Das war die Frage. Tom schlug den Atitlan See vor. Da hätte er wie geplant die Sprachschule besuchen können. Denn diese wurde zu diesem Zeitpunkt noch nicht geschlossen. Auch war er der Meinung, dass es Sinn mache, möglichst nahe beim internationalen Flughafen zu sein, um wenn nötig den nächsten Flieger nach Hause nehmen zu können. Aurelia war anderer Meinung. Ihrer Meinung nach machte es mehr Sinn, sich in dieser schwierig einschätzbaren Zeit mit Freunden wie Cachis und Charlotte zusammenzuschliessen. Sie planten, sich in einer Finca im Norden unterzubringen, die einerseits einen guten Preis für einen Monat anbot und sich andererseits weit weg von grossen Städten befand. Denn Ärzte empfahlen, grosse Städte zu meiden. Wir waren uns nicht einig und schauten uns die Distanzen an. Zur Finca, die in der Nähe von Poptún liegt, waren es 210 km. Bis zum Atitlan See mussten wir 360 km hinter uns bringen. Einen Fahrer zu finden der diese Lange Strecke hin und retour fährt, wäre wohl schwierig gewesen. So entschieden wir uns gemeinsam, nach Poptún zu fahren.
Wir sprachen bei einer Tankstelle im Dorf viele Leute an, die gerade mit einem Pickup unterwegs waren. Doch die meisten Fahrer waren nicht bereit, eine solch lange Strecke für uns in Angriff zu nehmen. Natürlich boten wir eine Entschädigung für das Benzin an. Erst nach ca. 2h wurden wir fündig. Fredi, der als Festerbauer selbstständig arbeitet, hat sich für diesen Dienst bereiterklärt. Er sprach sich mit seinem Vater ab, verlangte 1500 Quetzal (ca. 200 CHF) und eine Absprache mit der Polizei, damit wir ohne Probleme bis nach Poptún fahren konnten. So besuchten wir gemeinsam den Polizeiposten, wo unsere Personalien aufgenommen wurden. Nach einer Weile kamen zwei Krankenschwestern hinzu, die unseren Gesundheitszustand untersuchten. Dass sie dabei keine Handschuhe trugen, wunderte wohl nur uns. Während diesem Prozedere tauschten sich Herr Schweiz =) und Aurelia immer wieder über den hohen Preis aus. Wir hatten nicht wirklich eine Wahl, ausser dass wir länger nach einer anderen Person suchen würden, die weniger Geld von uns verlangte. Doch diese Person zu finden, war nicht einfach. So entschieden wir uns, diese Summe für den Transport auszugeben. Fredi schien auf uns einen sympathischen Eindruck zu machen. Er war jung, vorsichtig und freundlich.
Die Daten zu unserem Gesundheitszustand wurde uns auf einem Zettel notiert und mitgegeben. Eigentlich gut zu wissen, dass wir gesundheitlich in guter Form sind. Ein Gratis Checkup auf dem Polizeiposten, wussten Frau Leatitia und Herr Schweiz zu schätzen.=) Bei allfälligen Kontrollen, hätten wir diese Daten vorzuweisen und so einfacher und schneller durch die Kontrollen kommen können. So fuhren wir zusammen mit Fredi am Steuer und den Fahrrädern hinten auf der Ladefläche für vier Stunden in seinem roten Pickup und unterhielten uns über Guatemala, unsere Reise sowie seine Arbeit. Von Kontrollen auf der Strasse war weit und breit nichts zu sehen. So kamen wir von diesen etwas anstrengenden letzten Stunden erschöpft an. Wir bedankten und verabschiedeten uns bei Fredi und waren froh, hier in dieser schönen Finca angekommen zu sein. Abseits der Stadt und im Grünen befindet sich dieses Anwesen. Es gibt hier einen Massenschlag, Hotelzimmer, grössere Häuser oder Baumhäuser, die man mieten kann. Für uns wurde die Casa Luna, ein einfaches aber hübsches Baumhaus, hergerichtet. Uns wurde der Preis von 600 Quetzal für einen Monat angeboten (Etwa 70 CHF). Da die Weiterreis für die nächsten Wochen zu diesem Zeitpunkt nicht sicher war und wir weitere Einschränkungen im Land erwarteten, stellten wir uns auf einen längeren Aufenthalt hier in dieser Finca ein.